2023-02-22 Tag 139 Waagha Border to Lahore Die Ausreise aus Indien hat länger gedauert als die Einreise nach Pakistan. Die Grenze verläuft tatsächlich zwischen den beiden Stadien in denen der Nationalismus zelebriert wird – dies seit 1947 ! Der Empfang war sehr freundlich und ich werde überall angeschaut als ob ich außerirdisch von einem anderen Stern kommen würde. Was so unbeschwert und fast verkehrsfrei an der Grenze begonnen hat, hat sich bis in die Mitte gesteigert wie ich es fast noch nie erlebt habe. Lahore hat 11 Mio Einwohner mit brüllendem Verkehr und praktisch keinen Verkehrsregeln. Das hat seine schlechten aber natürlich auch seine guten Seiten, weil jeder macht was er will, man könnte es auch Chaos nennen. Die Theorie dass das so sein muss, ist vielleicht eine Art Protest gegen Willkür und Korruption, der ich Gott sei Dank noch nicht begegnet bin. Die Leute sind ausgesprochen freundlich und zuvorkommend.
Habe einen fixen Platz im ABY House ( 446 Tollinton Market, Lahore ) um mich zu akklimatisieren, die Sicherheitslage zu checken, das okay für das Visa in den Iran abzuwarten und meine Route zu planen.
2023-02-23 Tag 140 Lahore Gestern und heute bin ich durch den Stadt gestreift und habe keinen einzigen Touristen getroffen. Das grosse Fort und eine der größten Moscheen von Pakistan in diesem riesigen Moloch. Die Lage ist nun einigermaßen erkundet und in diesem Gebiet Richtung südlichem Punjab zur Grenze nach Sindh liegen momentan die gefährlichsten Hotspots. Dort hat sich ein ziemlich rechtslose Raum entwickelt durch die große Flutkatastrophe und alle lokalen Leute haben mir von einem Fahrradfahrt abgeraten.







Wenn man die täglichen News liest, bei aller Freundlichkeit der Menschen, merkt man wie ausgehungert und verroht diese Gesellschaft geworden ist. Die Frau eines Ministers mit ihren drei Söhnen wurde von Schüssen durchlöchert in einen großen Brunnen geworfen und dort gefunden. Korruption und Ungerechtigkeit sind hier tagtägliche Begleiter bzw sprengt den Rahmen eines einigermaßen zivilisierten Menschen.

Gestern und vorgestern Feiertag in im Iran war verzögert sich die Visa Ausstellung noch ein bisschen. Werde morgen den Zug nach Quetta nehmen, der mich durch das Industal bis 100 km an die afghanische Grenze bringen wird. Nach Einholung der Genehmigungen und des Visa , die sicherste Möglichkeit nach Westen zur iranischen Grenze mit einem Bus überwinden.
2023-02-24 Tag 141 How Pakistan run’s Am befremdlichsten ist für mich diese Waffenpräsenz im ganz normalen Leben. Alle öffentlichen Zonen oder Bereiche von Regierung, Militär und Infrastruktur, sind überdurchschnittlich gesichert, aber auch normale Geschäfte haben einen bewaffneten Securityboy mit MP oder Pumpgun. Das Land wird seit seiner Gründung 1947 abwechselnd von zwei unterschiedenen Familienclans geführt. Was die Gegenseite macht wenn es ihr zu bunt wird, lesen wir dann in einer kurzen Headline alle paar Jahre wieder. Diese Clans haben das Land praktisch über Jahrzehnte ausgesaugt und es befindet sich momentan immer nur ein paar Tage von der Zahlungsunfähigkeit entfernt, hat jedoch nichts mit dem exorbitanten Reichtum einiger weniger Clans zu tun, welche im Rahmen der galoppierenden Inflation ihre Schäfchen schon lange ins Ausland, in Gold und in Immobilien gesteckt haben. Das fatales dabei spielt die Religion, welche neben dem inneren Sein, den äußeren Schein extrem verherrlicht. Dieses Spannungsfeld wissen die Mächtigen geschickt zu nutzen und werden gegeneinander ausgespielt. Kahn der mit dem Auftrag des Volkes hier aufräumen wollte wurde jedoch von des Eliten so geschickt denunziert und ausgespielt, bis er den Hut nehmen musste.








2023-02-25 Tag 142 Direction Quetta Manche schwierige Länder habe ich auf meinen Reisen kennengelernt, jedoch noch keines indem die Drähte so offenliegen wie hier. Die meisten Menschen unendlich freundlich und zuvorkommend, aber ein Himmel schreiendes System voll Unsicherheit Rücksichtslosigkeit, welches im Beispiel des Verkehrs am sichtbarsten wird.
Sitze im Zug und warte im Bahnhof von Jacobobad. Es ist ein vernünftiges sechser Abteil in der AC-klasse. Die Polizei im Zug ist schwer bewaffnet und schaut alle halbe Stunde ins Zugabteil – schon befremdlich. Die Fahrt geht jetzt weiter bis nach Mach, dort müssen alle aussteigen, weil es die Eisenbahnbrücke bei der Flutkatastrophe weggerissen hat. Für mich wird das heißen, dass ich von dort direkt von der Polizei nach Quetta gebracht werde.




2023-02-26 Tag 143 Waiting for … Mittlerweile in Quetta ist heute ein entscheidender Tag wie es auf meiner Reise weitergeht. In Lahore haben sie gemeint, dass das iranische Visa nur noch ein zwei Tage braucht deshalb bin ich in die Berge hochgefahren. Mittlerweile habe ich die Antwort bekommen mit der unerfreulichen Nachricht, dass mein Visa abgelehnt wurde. So, was tun? Heute wieder auf die Botschaft – nächsten Versuch oder 2 an 1 weiter….. Notfallplan gibt es, aber bleibt noch unausgesprochen. Die Hochfahrt in die Berge war von wunderbarer Schönheit geprägt, Wüstenlandschaft vom Feinsten.





2023-02-27 Tag 144 Visa Der Termin auf der iranischen Botschaft war vergeblich. Obwohl die e-visa Seite in Betrieb ist, wurde sie für Mitglieder im Hintergrund grundsätzlich abgelehnt. Einzige Möglichkeit wäre gewesen eine iranische Agentur anzuheuern, die Reise durchzuplanen mit allen Hotelbuchungen und ordentlichen Kosten und den Antrag nochmals zu stellen mit einer Wartezeit von bis zu 14 Tagen und ungewissem Ausgang. Mir ist die Galle hochgekommen und ich habe gemerkt wie ich die Schnauze voll habe, bei aller Gastfreundlichkeit und Schönheit der Landschaft, von Willkür, Chaos, purem Überleben und Eigennutz.
Dem Frust und überschlafener Nacht ist die Entscheidung gefolgt: weil ich auf dem Landweg nicht weiterkomme geht es am Donnerstag über Dubai weiter in die Türkei. Mein Wunsch über Iran nach Kurdistan/ Nordirak in die Türkei zu kommen sind auch sehr gefährlich und ich wäre direkt im Erdbebengebiet der Türkei gelandet – weiter nördlich herrscht noch tiefer kontinentaler Winter.




Er und sein Clan sind Taliban und diese Leben eigentlich nur in Afghanistan. Nach dem zweiten Weltkrieg hat der Staatenbund bzw die Engländer den indischen Subkontinent mit purem Eigeninteresse geteilt und keinerlei Rücksicht auf Stammes Gebiete und sich über Jahrhunderte geltende Grenzen hinweg gesetzt. Belutschistan (heute Iran, Pakistan, kleiner Teil Afghanistans ) war Teil des Kalifats Muscat ( Hauptstadt Oman ), und das Gebiet um Quetta ( jetzige Hauptstadt Belutschistans ) war Afghanistan. Klingt ein bisschen verwirrend, ist aber völlig logisch wenn man die Gesichter und Bekleidung sieht. Gestern durch die Geschäftsstrassen war noch mal ein besonderes Erlebnis, weil die Leichtigkeit mit all diesem lebensgefährlichen Druck, in den Gassen spürbar war. Inshalla – wenn es sein soll, dann wird es sein.
Ein Taliban ist grundsätzlich ein äußerst gläubiger und rechtschaffenen Mensch mit konservativer Lebenseinstellung der sich beispielhaft um seine Familie und seine Gemeinschaft einsetzt bzw kümmert. Bei uns heißt Taliban = Terrorist. Radikalisierte Extremisten sind selbstverständlich ausgenommen.
Vor zwei Wochen hat sich unweit von meinem Hotel in Quetta so ein Trottel in die Luft gesprengt und hat 6 Polizisten mit in den Tod gerissen mit dutzenden Verletzten. Schrecklich! Deshalb darf ich mich hier nur unter Polizeischutz bewegen. Sie haben mir auch das Abschiedsvideo gezeigt, wie er seine Sprengstoffweste lächelnd und mit großer Freude anzieht, ein hübscher junger Mann, vielleicht 25 Jahre, der sich freut auf das was auf Ihn zukommt – kann es nicht wirklich nachvollziehen…







